Hungern als Zwang - Wenn Hungern zur Sucht wird
Wenn Jugendliche hungern, um möglichst dünn zu sein, wird das oft auf die Gesellschaft, Instagram und Germanys Next Topmodel geschoben, auf den Portalen bekommen wir ständig zu spüren, dass nur die Schlanken und Hübschen erfolgreich und ein Leben wie im Bilderbuch führen können. Doch der mediale Druck ist nur ein Teil der Erkrankung. Magersucht ist mehr als das Gefühl, schlank und schön sein zu wollen, es ist eine richtige Suchtkrankheit!
Jeder weiß, dass Alkohol, Drogen und Zigaretten süchtig machen können, aber Hungern? Wie wird ein Mensch Magersüchtig und was macht das mit dem Rest der Familie?
Instagram und Germanys Next Topmodel haben Einfluss auf die Krankheit, sind aber nicht die Ursache dafür. Junge Mädchen, die in die Magersucht abrutschen, sind innerlich extrem hin- und hergerissen, zerrissen zwischen Extremen. Familiäre Streitigkeiten, Leistungsdruck in der Schule, Mobbing im Freundeskreis oder Liebeskummer wegen der ersten Freund*in sind noch nie da gewesene Probleme, die in den jungen Menschen eine erste Lebenskriese auslösen. Es fühlt sich so an, als geriete das Leben außer Kontrolle. Sie fühlen sich hilflos und wissen nicht, wie sie mit der Krise umgehen sollen.
Mädchen, die in die Magersucht abrutschen, stellen generell sehr hohe Ansprüche an sich. Auf vielen Gebieten (Schule, Hobbies, Sport) rufen sie Bestleistungen ab und weisen dabei oft perfektionistische Züge auf. Sie setzen sich selber unter Druck, durchschnittliche Leistungen sind nicht akzeptabel, werden wie Rückschläge empfunden und können nur schwer verkraftet werden.
Gefährlich wird es dann, wenn sich irgendwann regelrechte Zwangsgedanken an und über das Essen einschleichen. Diäten und Gedanken darüber, wie die angefutterten Kalorien wieder abtrainiert werden können, werden zum Dauerbrenner. Irgendwann ist es so weit, dass die Beschäftigung mit der Ernährung das ganze Leben beherrscht. Was anfangs nur als kurzfristiges Abnehmen gedacht war, verselbständigt sich. Das ganze Verhalten nimmt Kuriositäten an, die nur schwer bis gar nicht nachvollzogen werden können.
Die Mädchen lehnen das Essen ab, beschäftigen sich aber gleichzeitig den ganzen Tag damit. Die Gedanken kreisen den ganzen Tag um das Essen, das Kuriose daran ist aber, dass am Ende nichts gegessen wird. Die Angst vor dem Zunehmen ist zu groß. Sie führen Tagebücher, in denen bis ins kleinste Detail dokumentiert wird, wieviel Kalorien sie am Tag zu sich genommen haben. Immer mit dem Ziel, am nächsten Tag weniger Kalorien zu Essen.
Es wird ein regelrechter Ekel vor dem Essen entwickelt. Der Anblick von Essen löst Gänsehaut und unangenehmes Kribbeln im ganzen Körper aus. Das Ganze kann so weit gehen, dass das Essen nicht mehr runtergeschluckt werden kann. Der Körper verweigert regelrecht das Essen. Dabei ist es den Mädchen durchaus bewusst, dass sie sich und ihrem Körper nichts Gutes antun. Jedoch gibt es zwei Stimmen im Kopf, die ständig wie Engelchen und Teufelchen auf sie einreden: „Was machst Du da? Siehst Du nicht wie dünn Du geworden bist? Hör auf damit, das ist nicht gut für Dich!“ Die andere Stimme sagt: „Auf gar keinen Fall Essen! Davon werden wir dick!“ Dadurch sind die Mädchen einer ständigen inneren Zerrissenheit ausgesetzt, denn eine der beiden inneren Stimmen ist immer am Schimpfen. Es ist ein wahrer Teufelskreis, aus dem sie nicht mehr rauskommen. Ein Teil in Ihnen will zunehmen, der andere wiederum nicht. Auf Dauer führt das dazu, dass sie nur noch wenig bis gar keine Freude mehr an Dingen haben, die früher einmal viel Spaß gemacht haben, Hobbies interessieren nicht mehr, weil die Gedanken nur noch um ein Thema kreisen:
„Was habe ich heute alles gegessen? Das war zu viel! Ich muss mehr Sport machen, mich mehr bewegen!"